Friday, January 19, 2007

Ein Stück vom Ende der Welt…Leben in Yattapatha



Leben in Yattapatha

Unberührt, still in erholsames Grün gebettet, sanft von der Sonne gestreichelt, die glanzvolle Natur, so mag es aussehen am Ende der Welt. Vielleicht habe ich es erlebt, vielleicht trage ich nun ein Stück vom Ende der Welt in meinem Herzen. Die Zeit auf dem ruhigen Fleckchen Erde, die ich mit einigen Freunden meiner Familie vom 23. Dezember 2006 bis zum 10. Januar 2007 durchlebt habe, hat mich mit neuer Kraft erfüllt. Endlich konnte ich ein wenig Abstand von den Strapazen der letzten Wochen gewinnen, um mich neu auf meine verbleibende Zeit auf Sri Lanka einzustimmen. Die Sendenhorster Ali, Edna und Jürgen sind Mitglieder der deutschen NGO „New Home Beruwala“ und betreuen mit ihrem srilankischen Partner Anura de Silva diverse Entwicklungshilfeprojekte.
Kaum am Flughafen angekommen, machten wir uns auf den Weg in Richtung Pellawatte. Mit dem vollbepackten Van versanken wir tiefer und tiefer in der satten grünen Landschaft, die uns schließlich vollends umhüllte. Die stickige Hitze Colombos ließen wir rasch hinter uns und eine kühle Brise wehte uns durch die Autofenster um die verschwitzten Nasen. Nach etwa drei Stunden erreichten wir auf holpriger Straße unser lang ersehntes Ziel: Yattapatha, das Tor zum srilankischen Dschungel.

Wir zogen bei der sympathischen Patenfamilie von Ali und Edna ein, bei Kamani und ihren drei Kindern Shasika, Madu und Leon. Mit herzlichen Küssen und Umarmungen wurden wir begrüßt, die Wiedersehensfreude war besonders bei den beiden Mädels überschwänglich, endlich konnten sie ein wenig Zeit mit „Ali and Jürgen Uncle“ sowie mit „Edna Aunty“ verbringen, auch „Nina Akki“ wurde sogleich herzlich in den familiären Kreis aufgenommen. Eine Zeit voller Naturerkundungen, Geschichten, Lachen und Freude konnte beginnen. Direkt auf einem kleinen Hang gelegen, mit einem überwältigenden Ausblick auf grüne Täler und Berge, zeigte sich unser kleines Paradies, geküsst von purer Natur. Schon nach den ersten Stunden, so schien es mir, hatte ich das Gefühl für Zeit und Raum völlig verloren. Zur Einstimmung in die erholsame Zeit nahmen wir nahe des Hauses ein erfrischendes Bad in einem klaren Quellbecken, das von einem Wasserfall durchspült wurde, ein wahrer Naturpool, der uns in den kommenden Tagen regelmäßig Kühlung bot. Am Abend zog ich bei den beiden Mädchen im Zimmer ein. Gleich in der ersten Nacht schreckte mich der Anblick einer handgroßen, haarigen Spinne über meinem Kopf auf, Naturerlebnisse haben eben auch ihre Kehrseite J. So bekam ich die erste Nacht kein Auge zu, ständig auf der Hut vor den zwar harmlosen, doch unliebsamen Besuchern. Ein paar Tage später riss mich auf Grund der intensiven Schocktherapie geradezu nichts mehr aus den Socken! Auf Erkundungstour begaben wir uns am folgenden Weihnachtstag. Wir besuchten einige Hausbesitzer, die im Rahmen der „New Home Beruwala“ Projekte eine neue Bleibe erhalten hatten und kamen mit ihnen ins Gespräch über ihre neue Lebensentwicklung. Am Abend starteten wir bei Christmasjazz und Kerzenschein unsere kleine Weihnachtsfeier mit ausgelassenen Wichteln. Oberwichtel Edna hatte kleine, liebevoll verpackte Präsente vorbereitet: Seifen, Zahnbürsten und -pasta, kleine Schutzengel, Radiergummis und Bleistifte sowie bunte Nagelpfeilen verbargen sich in den Geschenktüten, die besonders von Madu und Shasika mit leuchtenden Augen geöffnet wurden. Ein Heiligabend so ganz ohne Tannenbaum, Krippe, Weihnachtsmesse und Kälte war schon ziemlich „anders“ und da in unserer Familie das Fest von Jesu Geburt sehr stimmungsvoll und intensiv begangen wird, kam in mir ein Gefühl von Sehnsucht und Wehmut auf.

Doch die Zeit in Yattapatha brachte uns fern vom Stress des Alltags zurück zu vielen einfachen Dingen, zu denen ich in unserer übertechnisierten Welt den Bezug verloren hatte. Nie zuvor hatte ich erfahren, wie es sich ohne Strom leben lässt, kein Internet, eine wohltuende Abgeschiedenheit von der übereiligen, hitzigen Zivilisation. Um spätestens 6.30 p.m. verließ uns die „srilankische“ Sonne und schenkte uns die Dunkelheit. Mit Kerzenlicht und seicht lichtspendenden Öllampen saßen wir jeden Abend auf der offenen Veranda zusammen, tauschten das Erlebte und unsere Gedanken aus, sangen, tranken mit den Freunden von Kamanis Familie das ein oder andere Gläschen und lauschten dem Naturkonzert, das uns die Tierwelt, die Wälder, der Wind und der Wasserfall nahe des Hauses spielten, wir ließen uns einfach in Ruhe und Gemütlichkeit treiben. Ein ganz anderer, natürlicher Rhythmus spielte in uns. Fern von lichtverseuchten Städten, deren Künstlichkeit niemals pausiert, spürten wir neu das Ticken unserer inneren Uhr. Automatisch erwachten wir in der frischen Taukühle des Morgens und zeitig fielen uns die Augen in den frühen Abendstunden zu- die Natur gab uns unseren Lebensrhythmus vor, was für ein Gefühl, ich hatte es niemals gespürt! Einfach unerreichbar zu sein für die Probleme des Alltags die wir uns doch so oft selbst schaffen, keine tausend Telefonate führen zu müssen, sich nicht ständig dem Zwang ausgesetzt zu fühlen, sich den Kopf über die Zukunft zerbrechen zu müssen, die Angst in unserer Gesellschaft immer auf dem langsameren Zug zu fahren, sich dem allgemeinen Druck von Zeit und Terminen einfach ganz unverbunden zu fühlen - ich habe es genossen, diese Freiheit zu leben!































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Die Villa König und der Bentotariver

Eine interessante jedoch um 180 Grad verdrehte Zeit wartete Neujahr auf uns, wir brachen nach Warapithya auf, um mit dem srilankischen Projektpartner von „New Home Beruwala“ einige Tage zu verbringen und gemeinsam in das Jahr 2007 zu feiern. Nach der dreistündigen Busreise durch Reisfelder und einem sagenhaften Ausblick auf die umliegende Jungelandschaft kündigten gepflasterte Straßen, und Geschäftsreihen, die uns bekannte Zivilisation an, die wir jedoch wenig vermisst hatten.
Vor einem in die Höhe ragenden eisernen Tor angekommen, las ich zu meiner Linken, auf einem in die Mauer eingelassenen Marmorstein, die Lettern „Villa König“. Was mochte sich hinter diesen Mauern verbergen? Ich hatte durch Erzählungen von Ali, Edna und Jürgen bereits erfahren, dass das Anwesen der prunkvolle Gegensatz zu dem ruhig gelegenen Häuschen in Yattapatha sei. Der Anblick, der sich mir nun bot, überstieg jedoch all meine Vorstellungen und Bilder, die ich in meinem Kopf geschaffen hatte. Über einen grazil geschlungenen, langen Schotterweg, gesäumt von verschiedensten exotischen Pflanzen, die Umgebung geziert mit Teichen und Brunnen, gaben die Palmen den Blick auf das Haus frei. Ich betrat ein dreistöckiges Gebäude, das von vier Terrassen umsäumt wurde und mit Balkonen auf allen Ebenen sowie einem großflächigen Sonnendeck gespickt war. Antike Möbel, Ledersessel, schwere Holzschränke und Bögen zierten den weiten Wohnraum, deren offene Mitte nach unten die Wohnung von Anura und seiner Familie frei gab, nach oben hin führte eine grazile Holztreppe auf die im Mosaikstil gekachelte Terrasse. Ich hatte das Gefühl, mich in einem kleinen Schlösschen zu befinden, ein Märchen direkt am Bentotariver. In der mittleren Etage, in der unter anderem Anuras Zieheltern aus Deutschland ihre Zeit verbringen, wenn sie ihren Sohn besuchen, befanden sich auch unsere Schlafräume. Ali, Edna, Jürgen und ich zogen in ein Zimmer ein, ein weiteres wurde von Tina und Heinz belegt, Verwandte von Ali aus Sendenhorst, die ihre Urlaubstage auf Sri Lanka verbringen wollten. Die Umgebung bietet natürlich jedem Gast den perfekten Erholungscharakter. Mit einer windigen Bootstour starteten wir am Neujahrstag bei fulminantem „Sun-Shine-Weather“ in den Morgen. Anuras Sohn Björn erkundete mit uns den Bentotaganga und führte uns zu einer kleinen Insel in mitten des Flusses. Dort taten Toddiworker ihre Arbeit. Sie gewannen Alkohol aus der unreifen Kokosnuss und klettern dabei windig und flink auf den Meter hohen Palmen umher. Nachdem wir das beeindruckende Schauspiel eine ganze Weile betrachtet hatten, lud man uns zu einem guten Schluck Toddi ein. Mir sagte der säuerlich-herbe Geschmack nicht wirklich zu (diejenigen von euch, die mich etwas genauer kennen, dürften ja wissen, dass es so gut wie unmöglich ist meinen alkoholfeindlichen Gaumen mit Schnaps und Co. zu erfreuen J).
Nach einer sonnenverwöhnten, langen Bootsfahrt, auf der wir durch die Mangroven glitten, die einen dichten Wasserwald um uns formten, legten wir erneut an. Unser Ziel war „Little Adam“, das Erklimmen eines Felsens, auf der eine zierliche Tempelanlage erbaut war, die hoch über Bentota trumpfte. Schon auf dem Wasserweg hatten wir die Dagoba als kleinen weiß-schimmernden Fleck zwischen der dichten Vegetation des Felsens erkennen können.
Der Aufstieg ist für untrainierte Nichtsportfanatiker wie mich eher ein kleiner Graus, doch nach dem steilem Treppenaufgang oben angekommen, erschloss sich uns ein atemberaubender Ausblick auf die facettenreiche grün-leuchtende Natur umher. Es heißt, dass Lord Buddha diesen Felsen einst betreten hat und so bekamen wir seinen legendären inStein eingelassenen Fußabdruck sowie die kunstvollen Tempelmalereien zu Gesicht, die die Geschichte des Buddhismuses in farbenfrohen Bildern zu erzählen vermochten.
Am Abend schmiss sich unsere Truppe in Schale, um uns auf unsere Silvesterparty einzustimmen, zu der uns Freunde von Anura eingeladen hatten. Der englische Gastgeber Roy, ein Zentnerkoloss, und seine Frau Pat waren ein sympathisches Gespann und mit einem „Welcome Sweetie“ begrüßt, konnte der lustige Abend, auf dem ebenso bombastischen Anwesen gleich unserem Feriendomizil, beginnen. Es wurden Kandydance und Feuerspiele geboten und das Essen verwöhnte unsere Gaumen mit bekannten Geschmäckern, die ich begonnen hatte im Laufe der Zeit doch ein wenig zu vermissen. Um Punkt 12 hießen wir das neue Jahr mit lautem Jubel und guten Wünschen für die kommenden 365 Tage willkommen. Schließlich schwangen wir ausgiebig unser Tanzbein, bevor wir nach dem ausgelassenen Abend im überladenen 3-Wheeler mit fünf Personen den Heimweg antraten.
Im neuen Jahr wurde der Genuss des Ausschlafens von allen Beteiligten ausgiebig ausgekostet. Erst nach einem späten, bunten Frühstück mit frischen Früchten und warmem Toast, brachen wir zu unserem Strandtag auf. In einem nur 100 Meter von der Brandung entfernten Hotel aalten wir uns auf den Sonnenliegen, die unter schattigen Palmen den Blick auf das türkisblaue Meer preis gaben. Der Tag stand zwar unter dem typisch touristischem Stern, doch gerne ließen wir uns einmal auf diese Ebene, um den Meeresduft, die Wellen, einen Strandspaziergang und eine entspannende Massage mit feinem, handgemachten Zimtöl im Hotelspa zu genießen.
Wir erfuhren von Anura, dass am Abend eine Perahera, eine der buddhistischen Feste zur Huldigung des Buddhazahns, stattfinden sollte. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen, wenn uns schon die Möglichkeit verschlossen blieb, die sagenhafte Kandyperahera, die bis zu 15 Tagen andauert und stets in den Aprilmonaten stattfindet, nicht miterleben zu können. Auf drei Motorrädern brausten wir später durch die kühle Nachtluft, auf der Suche nach dem Startpunkt der Feierlichkeit, wo Elefanten und Tänzer durch das Anlegen des kunstvollen Körperschmucks auf den Umzug vorbereitet wurden. Wir fanden den Tempel des Geschehens. In einem Meer von Lichtern, strahlend sanft erleuchtet, schmückte man die Tiere mit goldenen Stoffen, die Tänzer lächelten uns freundlich zu und kamen in Scharen auf dem Tempelplatz zusammen, wo sie sich sichtlich freudig auf ihren „Großen Abend“ vorbereiteten. Dann hieß es warten…warten…warten…warten…und – es verstrichen vier Stunden ohne dass sich etwas tat. Das ist eben srilankisches Zeitverständnis, doch müde vom langen Stehen und mittlerweile eher lustlos, gaben wir schließlich auf und brachen den Heimweg an. Noch in den Morgenstunden um sechs Uhr dröhnte die Festmusik der Perahera zu uns in die Zimmer – das Fest musste wirklich ziemlich spät in Gang gekommen sein!
Nach einem relaxten Tag auf dem Sonnendeck, gutem Essen, langen Gesprächen in lustiger Atmosphäre und einem traumhaften Sonnenuntergang, hieß es am nächsten Morgen, nach vier Tagen, Abschied nehmen, wir brachen erneut für eine letzte Woche nach Yattapatha auf, um mit Kamani und ihrer Familie ein paar letzte Tage zu verbringen.







Der Dschungeltempel



Was für ein Gefühl, endlich wieder in satter Natur zu leben, so fern von den Einflüssen des typischen Lebens – wir fühlten uns sogleich erneut heimisch, mit Herz und Seele dem kleinen, stillen Ort verbunden, zu dem wir zurückgekehrt waren. Feingearbeitete, breite Liegstühle aus srilankischem, schweren Holz, waren unser Ruhepol auf der Veranda. Von dort sahen wir auf nebelverhangene Hügel, die hinter immergrüner Landschaft eine Dimension von Weite und Unendlichkeit vermuten ließen. Die Sonnenaufgänge waren ebenso unbeschreiblich schön. Das Gefühl von sanfter Wärme wachgeküsst zu werden, während goldenes Sonnenlicht mit schwerem Nachtnebel zusammentraf und ein faszinierendes Spiel von Farbreflexionen entstand – purer Seelenbalsam!
Die Natur, die uns so dankbar in ihren Schoß aufgenommen hatte, wollten wir genauer erkunden und so machten wir uns an einem der folgenden Tage zum nahe gelegenen Pujalena auf, um von dort zu einem im Dschungel gelegenen Buddhistentempel aufzubrechen.
Durch ein weites Teefeld drangen wir immer tiefer in das um uns dichter werdende Grün ein. Die Geräusche der Straßen verhallten mehr und mehr, uns verhüllende Schatten von hoch in die Luft ragenden Bäumen und eine Vielfalt von mystischen Lauten öffneten das Tor zum Dschungel. Kunstvoll auf dem Boden verschlungene, schlangenähnliche Wurzeln bildeten, mit Erde und Steinen verschmolzen, einen Naturpfad, der uns zielsicher, tiefer und tiefer in das Geheimnis der faszinierenden Unberührtheit einführte.
Von Mal zu Mal bemerkten wir farbenfrohe, flinke Beobachter, die vorsichtig unseren Schritt von den saftigen Sträuchern unseres Weges beäugten. Echsen von verschiedenster Farbvielfalt versetzten uns ins Staunen. Wir kam in den Genuss hoch oben in den Baumwipfeln Languren anzutreffen. Es ist schon in seltsames Gefühl die Tiere live in freier Wildbahn beobachten zu können und nicht hinter der Glasscheibe im Münsteraner Zoo.
Irgendwo in der Ferne ein sanftes Rauschen, das mit jedem Schritt zunehmend intensiver durch unsere Ohren rann. Schließlich lichtete sich der eben noch verschlossene Wald und gab einen Strom frei, der klares Wasser über schweres Gestein trieb. Dann Nervenkitzel – über eine schmale Hängebrücke, schwindelig vom schnellen Wasserstrom unter unseren Füßen, erreichten wir nach wackligem Gang das nächste grüne Tor, das uns, begleitet von einem klaren Quellbach, zum Aufgang des Tempelgeländes führte. Ein langer aus Natursteinen zu einer Treppe geformter Aufgang verhieß das Ausziehen des Schuhwerks. Vorsichtig bedachten wir jeden Schritt, da der steinige Grund uns unfreiwillig eine sehr schroffe Reflexzonenmassage bescherte. Die strahlend weiße Dagoba war am Fuß eines wendeltreppenartigen Aufgangs zum Tempel erbaut und bildete die erste Station. In einer Spirale gingen wir zum Tempel hinauf, der kunstvoll mit einem großen Felsen verschmolzen war. Leider trafen wir keinen Mönch an, er hatte wohl gerade Ausgang J. Vom Tempel aus führten die Aufgänge zu verschiedenen, kleinen Meditationshäusern, die verstreut in die Natur eingelassen waren. Das Anwesen war beeindruckend errichtet, insbesondere, weil es so plötzlich im verschlungenen Wald zum Vorschein kam.
Auf unserem Rückweg ließen wir uns an dem klaren Bach mit der Hängebrücke nieder und sprangen in das kühle Naturbecken, das die Steine umher auf natürliche Weise gebildet hatten. Ich ging ein Stück den Bachlauf entlang. Er wurde weit und das Wasser plätscherte seicht über ein Meer von Steinen, auf dem ich mich bis in die Bachmitte balancierte. Dieses Fleckchen hatte ich lieb gewonnen und so konnte ich mich nach einem trocknenden Sonnenbad nur schwer von der beeindruckenden Atmosphäre trennen, als wir den Heimweg antraten. Wir ließen das paradiesische Abenteuer nach dem Teefeld hinter uns.



























Dschungeltour Part 2

Herausforderungen gilt es offen zu begegnen. Nach diesem Motto begaben wir uns an einem weiteren Tag auf unsere Dschungeltour Part 2. Dieses Mal stand der Trip jedoch unter dem Stern eines rauen Abenteuers. Es galt sich den Weg in unwegsamem Gelände mit der Machete frei zu schlagen. Mit der Vorahnung, mir nicht wirklich überlegt zu haben., worauf ich mich dieses Mal eingelassen hatte, schnallte ich mir dünnsolige, jedoch meine einzigen geschlossenen Schuhe an die Fersen und folgte unserem charismatischen Guide
Somi. Dieser Mann ist ein Phänomen! Er versprüht urtümlichen Zauber, direkt in dem Moment, wenn man in seine tiefdunklen Augen blickt. Er hat wahrlich etwas Weises an sich. Mit der Natur im Einklang, lebt er seinen natürlichen Rhythmus im Herzen von Yattapatha in einer einfach Lehmhütte. Jeden Gang tut er ohne Schuhe, dort wo die Steine selbst durch die Sohlen der Trekkingsandalen einen Druck an unseren Fußsohlen ausüben, schreitet er flink und zielstrebig ohne sich zu quälen. Der Hammer! Man könnte meinen, er sei einer der Ureinwohner Sri Lankas, ein Vedda, der noch nicht von Zivilisationsgedanken verseucht im Einklang mit Mutter Natur lebt – vielleicht ist er ja tatsächlich einer der Urbrüder?
Sich zwar der nahenden Strapazen bewusst zu sein, sich aber doch in Somis sicheren Händen wissend, folgten wir ihm, der schnellen Schrittes immer höher in die Landschaft kletterte. Trekkingstöcke erleichterten Edna und mir den teilweise gewagt steilen Aufstieg. Die sengende Hitze trieb uns in Sekunden den blanken Schweiß auf die Stirn. Umkehren?! Doch andererseits trieb mich etwas weiter und weiter. Ich konnte mir dieses Abenteuer nicht entgehen lassen. Wann bekam ich schon die Gelegenheit mich fern von touristischen Pfaden mit einem waschechten Naturburschen durch den Dschungel zu kämpfen? In einem Teefeld wandten wir uns um. Ein weiter Ausblick auf das Tal mit unserem geschrumpften Haus ließ die schwindelerregende Höhe vermuten, in die wir uns immer weiter hinaufkämpfen würden. Dann wurde es dunkel. Wir hatten den Dschungel erreicht.

Auf laubig glitschigem Grund zwängten wir uns durch enge Baumreihen und Sträucher, immer auf der Hut vor roten Ameisen, die mit ihren scharfen Schneiden Schmerzen, gleich einer Injektionsnadel, auslösen können. Äste schlugen uns entgegen, oft war der Weg so unwegsam, dass wir ein Stück umkehren und uns mit der Machete neu durch den Wald schlagen mussten. Es ging auf und ab, beim Aufstieg versagten meine Kräfte, ich hatte am Morgen kaum etwas getrunken. Beim Abstieg ließ ich mich erschöpft in die Arme der Schwerkraft sinken und rutschte mehr die Hänge herab, als dass ich einen festen Grund unter den Sohlen verspürte. Alle zehn Meter suchte Somi eifrig die plagenden Blutegel von unseren Schuhen, die versuchten sich schmerzhaft durch die Socken fest zu beißen. Meine Grenze war erreicht! Die anderen trekkingerfahrenen Mitwanderer erfreuten sich des Tripps und taten heiter ihren Gang. Mich nahm man schließlich an den Anfang der Truppe, in der Befürchtung mich mit meinem Kriechtempo irgendwo zwischen den Baumreihen aus den Augen verlieren zu können. Doch eines faszinierte mich immer wieder: Somi. Ein Baum glich dem anderen, ein unheimlicher grüner Irrgarten schien uns verschluckt zu haben. Doch dieser Mann wusste genau wohin ihn seine Füße trugen. Mir war, als trüge er eine innere Landkarte samt Kompass mit sich. Sicher und behutsam führte er uns zu einem hoch auf einem Felsen gelegenen Aussichtspunkt, von wo wir in das grüne Tal blickten. Der Anblick linderte die Strapazen ein wenig und ruhig genoss ich die Momente auf dem Felsvorsprung, wo mein Körper merklich an Kraft zurückgewann. Dann der Abstieg.
Ich wollte am liebsten für immer dort oben sitzen bleiben, mich nur nicht wieder durch den Blätterkram herunterkämpfen. „Sollen wir dir einen 3-Wheeler bestellen?“, witzelten die anderen immer noch sichtlich gut gelaunt, über das wohl erbärmliche Bild, das ich als Wandermuffel abgegeben haben musste. Das hatte mir noch gefehlt, also Ohren auf Durchzug!
Letztlich spuckte uns das Dschungelmonster auf einem Teefeld aus, wo ich mir durch einen derben Ausrutscher eine stechende Schürfwunde zuzog – kommt vor! Aber das brachte mich nach allem innerlich zum Explodieren!

Wir rasteten bei dem Besitzer des Teefeldes, der, wie wahrscheinlich alle Dorfbewohner, mit Somi vertraut war. Geschickt hastete er eine Kokosnusspalme hinauf, um uns mit dem durstlöschenden Wasser einer King Kokonut Erholung zu bescheren. Was für ein Bild, wie dieser kleine, alte Mann in der Krone des Baumes die schweren Nüsse kappte. Ich sog das nahrhafte Wasser in einem Zug in mich auf. Der Trip hatte meine Körpertemperatur auf gefühlte Fiebergrade erhitzt.
Ich sah mir die Umgebung nun prüfend an, sie kam mir tatsächlich bekannt vor. Freude kam in mir auf. Somi hatte uns exakt an einen Punkt geführt, von wo ein schlängelnder Pfad nach einem kurzen Fußmarsch direkt an unserem Haus vorbeiführte – einfach unglaublich! Dieser Mann ist wahrlich eines von Gottes Meisterwerken.

In der Aussicht auf ein kühles Bad beschleunigte ich meinen Schritt und war heilfroh, als ich den Hang betrat, auf dem unser Quartier erholsam kaltes Wasser bereit hielt. Fazit: Es war eine Erfahrung wert…aber nur eine J!
Am 10. Januar war der abenteuerliche Traum plötzlich vorbei. Es galt, gemeinsam mit den Sendenhorstern, zum Konvent aufzubrechen, sie begleiteten mich für drei Tage nach Wattala. Um 6.00 a.m. brachte uns unser Fahrer zunächst in Richtung Balangoda, um uns das Handarbeitszentrum der „Good Shepherd Sisters“ anzusehen. Alfons, Edna und Jürgen wollten dort für ihre Projektgestaltung in Yattapatha einige Ideen gewinnen. Gegen 5.00 p.m. erreichten wir nach elfstündiger Fahrt mit schmerzenden Hinterteilen den Konvent. In den Tagen tauschten wir uns mit den Schwestern über Soziale Arbeit aus, besichtigten Institutionen, erkundeten die schönen Shoppingmeilen Colombos (die es trotz schlechter Vorhersagen seitens eingefleischter Sri-Lanka-Fans aus Deutschland dennoch gibt!) und verliehen unserem Urlaub mit einem italienischen Abend einen krönendenden Abschluss. Ein Märchen ging zu Ende…

















So, ihr Lieben, ein weiterer Tagebucheintrag ist vollendet. Seither habe ich mich mit Uniberichten befasst und führe meine Arbeit mit Familie Thadchanamoorthy weiter.
Innerlich plagt mich die Wehmut. Nur noch wenige Wochen und mein Flieger erhebt sich gen Dubai und liefert mich im lausigen Deutschland auf dem Düsseldorfer Flughafen ab. Ein Wechselbad der Gefühle durchströmt mich daher im Moment. Ich werde euch kurz vor meiner Abreise einen netten Abschiedskuss ins Netz schicken.












Trotz der vielen sozialen Probleme, die gerade in den letzten Monaten der aufkeimende Krieg mit sich gebracht hat …

…Ich liebe sie – die Perle des indischen Ozeans.

Love and Peace
Eure Nina