Friday, February 09, 2007

Abschied



Spuren im Sand

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.
Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen
war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte,
daß an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur
zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
"Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, daß in den schwersten Zeiten
meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
meisten brauchte?"

Da antwortete er:
"Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen."





Footprints in the Sand
One night a man had a dream.
He dreamt he waswalking with the Lord.
Across the sky flashed scenes of his life.
For each scene, he noticed two sets of
footprints in the sand; one belonged to him,
and the other to the Lord.

When the last scene of his life flashed before him,
he looked back at the footprints in the sand.
He noticed that many times along the path of his life there
was only one set of footprints. He also noticed that it had
happened at the very lowest and saddest times in his life.
This really bothered the man and he questioned the Lord about it.

"Lord, you said that once I decided to follow you,
you'd walk with me all the way. But I have noticed that during
the most troublesome times in my life,
there is only one set of footprints. I don't understand why,
when I needed you most, you would leave me."

The Lord replied,
"My precious child, I love you and I would never leave you.
During your times of trial and suffering,
when you see only one set of footprints,
it was then that I carried you."



Ein Lebensabschnitt geht.

Was bleibt?
Tiefe Fußspuren
Prägungen
Zeichen
Schätze
Lebenssäfte
Horizonte
Goldene Erinnerungen
Bunte Düfte
Neue Wahrheit
Kunstvolle Gravuren
in meiner Lebenslinie.


Ich war und bin getragen.

Erlebniszeit
Freudenzeit
Sozialarbeitszeit
Krisenzeit
Sonnenzeit
Menschenzeit
Tränenzeit
Kulturzeit
Naturzeit
Erkenntniszeit
Goldzeit

Reifung
Lebenskontakt
Wiedergeburt

Leben +


Mein besonderer Dank gilt meiner fulminanten Familie, die mir diese reiche Erfahrung, sicher gebettet in ein starkes Liebesnetz, so grenzenlos bereichernd ermöglicht hat. Ihr habt mich über Tausende von Kilometern mit Liebe erfüllt und getragen – DANKE.
I Love You.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei all meinen unermüdlichen Weggefährten, für die frische Neugierde und die kraftvollen Worte in Zeiten der Freude und inneren Krisen.
Am 12. Februar 2007 um 12.55 Uhr landet mein Flieger in Düsseldorf – unsere gemeinsame, goldene Reise findet nun ein Ende.

Ayubowan
Eure N.I.N.A.

Menschlichkeit

Nina Wiengarten, z.Zt. Colombo-Sri Lanka

MENSCHLICHKEIT


Ein Wort voll Mut, Zauber und Kraft. Wo ist sie verborgen in diesen Tagen? Diese Kraft, die unsere Welt mit Wärme zu überströmen vermag, die Kraft, die Menschen zu Werkzeugen Gottes macht.

In diesen Tagen ist sie ist tot. Einfach erstickt. Langsam und qualvoll gestorben in den Händen von Beamten und Politikern, die sich einst in den Dienst ihres Volkes gestellt haben, jedoch taub geworden sind – nicht mehr fähig ihre Stimme zu hören. Menschen sind auf dieser Welt füreinander verantwortlich, das war Gottes Plan, auch wenn wir das seit langem viel zu oft vergessen – unser Kreis ist nach wie vor verantwortlich für Familie Thadchanamoorthy und ihr perspektivenloses Schicksal. Auch, wenn Landrat Herr Dr. Olaf Gericke die Abschiebung vor in Kraft treten des neuen Bleiberechtsgesetzes am 1. November durchsetzen konnte, so erheben Menschen ihre Stimme und machen diesen Fall zu einer unvergessenen Tragödie mit schwerem Nachhall. Weiter so! Steht auf für euren Nächsten, gebt denen eine Stimme, die keine haben.

Meine Tage in Sri Lanka sind am 12. Februar gezählt. Zurück lasse ich fünf verzweifelte, gebrochene Menschen, Menaka, Kiddinan, Apisan, Apirami und Abinaeja. Seit der Abschiebung der Familie am 26. Oktober stehen die Schwestern vom Guten Hirten, in engem Kontakt zur Warendorfer Ortsgruppe von Amnesty International und versuchen gemeinsam ein Netz zu spannen, das die Familie halten möge. Doch in diesen Tagen scheint es durchtrennt zu werden. Sowohl im Rahmen des Rückführungsersuchens vor Gericht wie auch bei der Beschaffung der ID-Karte von Herrn Thadchanamoorthy, rennen wir gegen Mauern. Wir zerschlagen uns Leib und Seele an den harten Fassaden unserer Gerichtsbarkeit, der verantwortlichen Behörden und an der Tür unseres Landrats Dr. Olaf Gericke.

Vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg am 16. Januar zur Neuaufnahme der Fakten im Fall Thadchanamoorthy war eine Vertagung auf den 23. Januar das Zeit schindende Resultat. Am 23. Januar selbst war der schockierende und zu höchstem Maße abartige Tenor: Wenn sie schon abgeschoben sind, dann kann man da ja ohnehin nichts mehr machen. Ein abgekartetes Spiel? Rassismus? – Was steckt hinter dieser Art und Weise fünf Menschen...

Und in Sachen ID-Karte? Niemand will sie gesehen haben, das mysteriöse gelbe Blättchen, das für Kiddinan früher oder später über Leben und Tod entscheiden könnte. Weder die Ausländerbehörde noch die srilankische Botschaft in Bonn, die im Asylverfahren von Herrn Thadchanamoorthy involviert waren, wollen über den Verbleib der Karte Bescheid wissen. Vielleicht hat sie sich im Laufe der Zeit, präpariert mit einer speziellen Zaubertinktur, in Luft aufgelöst und so sehr sich die Damen und Herren auch bemühen, aber die Karte scheint geisterhaft entschwunden zu sein. Wo ist Ihr Gewissen? Die Schwestern und ich sind zu tiefst schockiert über solch fadenscheinige Ausreden und Machenschaften, die eine rasche Verbesserung der Sicherheitslage des Familienvaters nicht möglich machen. Ergreifen Sie endlich Ihre Verantwortung und handeln Sie!

Man sollte vielleicht meinen, wenn die Hilfsbereitschaft seitens der deutschen Verantwortungsträger für diese Verletzung der menschlichen Würde nicht gegeben ist, so wird man doch im Geburtsland der Familie irgendetwas erreichen können, um die ID- Karte zu bekommen. Irrtum – ganz im Gegenteil. Die politische Situation wird von Tag zu Tag brisanter, Anschläge um Anschläge, plötzliche Hausdurchsuchungen, willkürliche Übergriffe voller Gewalt und Festnahmen – die Gemüter kochen. Misstrauen verbreitet sich wie ein Tod bringendes Virus und infiziert das Denken der Menschen. Wiederholt habe ich geschildert, welchen Ressentiments und Beschuldigungen die Familie seitens der srilankischen Behörden im Rahmen der Registrierung ihres neuen Wohnsitzes bereits ausgesetzt war. Vergeblich versuchen wir für Herrn Thadchanamoorthy eine neue ID- Karte zu beschaffen.

Station 1: „Department of Persons“ in Colombo. Mit einer Kopie der ID- Kartenkopie von Herrn Thadchanamoorthy, die urplötzlich aus der Aktenversenkung der Ausländerbehörde aufgetaucht ist, mit der Kopie der Geburtsurkunde, einem Schreiben der Deutschen Botschaft in Sri Lanka, das jegliche Verbindungen der Familie zur LTTE widerlegt und mit einem ähnlichen Schriftsatz des Anwalts von Herrn Thadchanamoorthy aus Deutschland, begaben wir uns auf Anraten einiger Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen in Sri Lanka, zu diesem Office, um den ID- Kartenantrag zu stellen. Das Resultat: Eine neue ID- Karte wird nur mit polizeilichen Dokumenten (eine offizielle Verlustsbestätigung) und einem vom Gramasevaka des Wohngebiets besiegelten Antragsschreibens ausgestellt.

Station 2: Polizeibehörde in Wattala. Wir möchten den Verlust der ID-Karte offiziell melden. Das Resultat: Die Polizeibehörde kann in diesem Fall nur durch den vom Gramasevaka bescheinigten Antrag tätig werden.

Station 3: Büro des Gramasevaka in Wattala. Wir bitten den Gramasevaka ein Antragsformular auszustellen, um den Verlust der Karte bei der Polizei offiziell anmelden zu können. Das Resultat: Da die Familie noch nicht lange genug im Bezirk Wattala wohnt, kann keinerlei Dokument zur Neubeantragung ausgestellt werden.

Station 4: „Provincial Secretariat of Wattala Branch”. Diese Institution kann man sich wie ein Einwohnermeldeamt oder Bürgeramt vorstellen. Der Gramasevaka verwies uns auf diese übergeordnete Behörde. Hier sollten wir den Fall melden und ein Bestätigungsschreiben beschaffen, durch das es dem Dorfvorstand möglich ist, das Antragsformular auszuhändigen und zu besiegeln. Das Resultat: Die Dame im Office sagte, sie bräuchte mindestens eine Woche, um die fünf Papiere genauer zu prüfen und sie wüsste nicht, ob sie uns helfen könne.
Sackgasse.

Jegliche Verantwortungsträger in diesem Prozess verweigern ihre Zuständigkeit, indem sie uns auf einen Spießrutenlauf von Behörde zu Behörde jagen, aus Angst einer tamilischen Familie zu helfen, die ihrer Einschätzung nach 100%ig mit der LTTE in Verbindung steht.
Die Bombe tickt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Herr Thadchanamoorthy im Rahmen der Hausdurchsuchungen und Kontrollen durch Missgunst und Willkür in die Fänge der Polizei gerät. Familie Thadchanamoorthy ist der Ohnmacht, in der das Land momentan schläft, hilflos ausgeliefert. So sehr wir uns auch mit vereinten Kräften für die Belange der fünf Warendorfer einsetzen, so werden uns auch hier die Türen der Behördenbüros vor der Nase zugeschlagen. Es gibt keine andere Möglichkeit diese Menschen zu retten: Sie müssen zurück nach Warendorf. Dorthin wo die Kinder geboren sind, dorthin wo man die Sprache spricht, die die drei Kinder verstehen.